Der Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer einer GmbH bei der Vermietung einer Mietsache kann im Außenverhältnis zum Mieter nicht zur Unwirksamkeit des Mietvertrages führen, es sei denn, der Mieter habe einen klaren Verdacht gehabt oder hätte ihn haben müssen.
BGH-Urteil vom 26. März 2025 – VIII ZR 152/23
Der BGH hat sich mit nachstehender Frage beschäftigt: Kann ein bestehender Mietvertrag im Nachhinein angefochten werden, den ein nicht dafür zuständiger Geschäftsführer einer GmbH mit einer Mieterin ausgehandelt hat?
Zum Sachverhalt: Ausgangspunkt des Rechtsstreits war ein Mietvertrag, den die Beklagte als alleinige Mieterin und der Geschäftsführer einer GmbH als Vermieterin und Klägerin geschlossen hatten. Hiernach sollte das Mietverhältnis zum 21. Dezember 2017 beginnen, wobei die Bruttomiete in Höhe von 1.010,00 € im Monat für die 177 qm große, in Berlin gelegene Fünfzimmerwohnung erst ab September 2018 zu zahlen war. Als „Gegenleistung“ sollte die Mieterin in den Monaten, in denen sie von der Verpflichtung der Mietzinszahlung befreit war, die Wohnung mit Ausnahme der vom Vermieter durchzuführenden Maßnahmen fachgerecht renovieren lassen.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2021 verlangte die Klägerin, vertreten durch einen neuen Geschäftsführer, von der Beklagten die Räumung und Herausgabe der Wohnung, zudem die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das Jahr 2018. Begründung hierfür war der nach Ansicht der Klägerin durch kollusives Verhalten zustande gekommene und demnach unwirksame Mietvertrag, welcher aufgrund der zu niedrigen Miete sittenwidrig sei. Die Beklagten, die Mieterin und ihr Lebensgefährte, begehrten im Rahmen der Widerklage und der Revision nun Ersatz der vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverteidigung.
Die Entscheidung: Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der BGH stellte klar, dass der Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer der Klägerin im Außenverhältnis zum Mieter nicht zur Unwirksamkeit des Mietvertrages führen kann, es sei denn, der Mieter habe einen klaren Verdacht gehabt oder hätte ihn haben müssen, was hier nicht der Fall gewesen sei. Es fehle nach Ansicht der Richter an tragfähigen Feststellungen um die von dem Berufungsgericht bejahte Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis des Lebensgefährten der Mieterin als alleiniger Vertragspartnerin der Klägerin zurechnen zu können.
Der damalige Geschäftsführer habe zwar durch den Abschluss des schriftlichen Mietvertrages mit der Beklagten seine Befugnis zur rechtsgeschäftlichen Vertretung der Klägerin missbraucht. Bereits die Vornahme einer Vermietung der im Objekt belegenen Wohnungen war, wie auch dem damaligen Geschäftsführer bekannt war, von den Gesellschaftern der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt gerade nicht beabsichtigt und lag deshalb nicht im Interesse der Gesellschaft, weil die Wohnungen verkauft werden sollten. Hierbei komme es nach Ansicht der Richter auch nicht darauf an, ob dieser Wille der Gesellschafter in Gestalt eines Gesellschafterbeschlusses abschließend und mit Wirkung der Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers im Innenverhältnis Ausdruck fand. Vielmehr dürfe der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht für die Gesellschaft auch nicht gegen den Willen der Gesellschafter einsetzen. Auch im vorliegenden Fall bei einer „vage gebliebenen Absicht“ der Gesellschafter zum Verkauf von untervermieteten Wohnungen hätte deshalb die Vermietung an die Beklagte gänzlich unterbleiben oder die Angelegenheit den Gesellschaftern durch den Geschäftsführer vorgelegt werden müssen.
Dennoch wirke sich diese Missachtung der internen Beschränkungen der Vertretungsbefugnis des Gesellschafters im Innenverhältnis in dem vorliegenden Fall nicht im Außenverhältnis zur Beklagten als Vertragspartnerin der Gesellschaft aus. Dies gelte zwar nicht ausnahmslos, insbesondere sei der Vertragspartner einer Gesellschaft dann nicht schutzwürdig in seinem Interesse auf den Bestand des Geschäfts, wenn er weiß oder es sich ihm gerade zu aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbrauche. Nach Ansicht des BGH sei ein solcher Ausnahmefall hier jedoch nicht feststellbar. Die Beklagte Mieterin habe hier eine solche Kenntnis von einem Missbrauch nicht gehabt. Auch eine mögliche Kenntnis des Lebensgefährten, die eine Zeit lang im Raum stand, sei ihr nicht zuzurechnen.
Eine solche Wissenszurechnung scheide vorliegend aus, weil die Beklagte ihren Lebensgefährten ersichtlich nicht mit der Erledigung bestimmter Aufgaben in Bezug auf die Anmietung der Wohnung in eigener Verantwortung betraut hatte. Insbesondere könne vom Vorliegen der Voraussetzungen der Zurechnung nicht allein wegen einer persönlichen Nähe der beiden Beklagten ausgegangen werden. Eine Ausnahme, wenn und soweit es um die Wissenszurechnung von Ehegatten oder wie hier Lebensgefährten geht, gebe es nicht. Auf den Erkenntnisstand des Lebensgefährten komme es vorliegend nicht an, da dieser nicht die Stellung eines Wissensvertreters habe.
Allein aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Höhe der Miete und der vereinbarten vollständigen Befreiung von jeglicher Mietzahlung für die als Gegenleistung bezeichnete Verpflichtung zur fachgerechten Renovierung der gesamten Wohnung musste sich der Beklagten hier nicht ohne Weiteres aufdrängen, dass die Überlassung der Wohnung den Interessen der Klägerin zuwiderlaufen und der damalige Geschäftsführer der Klägerin insoweit treuwidrig handeln könnte. Der Fall wurde daraufhin zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es dort die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Instanzen:
AG Charlottenburg, Entscheidung vom 17.03.2022 – 205 C 131/21
LG Berlin, Entscheidung vom 28.06.2023 – 64 S 105/22
Dr. Jens Wengeler, Ihr Rechtsanwalt bei Fragen rund um das Thema Mietrecht, hilft Ihnen gerne weiter.
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