BGH zur Baulast: Kein Wegerecht ohne zivilrechtliche Grundlage

Eine Baulast kann nicht als zivilrechtliche Duldungsverpflichtung betrachtet werden. Eine Überfahrtbaulast begründet demnach weder aus Treu und Glauben noch unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung ein Wegerecht zugunsten eines Nachbarn.

BGH-Urteil vom 27. Juni 2025 – V ZR 150/24

Der BGH hat sich mit einer strittigen Frage auseinandergesetzt: Kann die Klägerin von den Beklagten die Unterlassung der Nutzung eines Zufahrtswegs verlangen, wenn eine keine Duldungspflicht besteht und dem Anspruch der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegengehalten werden kann?

Zum Sachverhalt: Die Klägerin, eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), ist Eigentümer eines Grundstücks, welches mit einer öffentlich-rechtlichen Überfahrtbaulast zugunsten des benachbarten, bebauten Grundstücks belastet ist. Eine Grunddienstbarkeit ist im Grundbuch nicht eingetragen. Die Bewohner des auf dem Nachbargrundstücks befindlichen Hauses befahren das Grundstück der Klägerin regelmäßig. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Unterlassung dieser Nutzung und stützt sich dabei auf § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie macht geltend, dass den Nachbarn kein Recht zur Nutzung zustehe, weil keine Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen und das Nachbargrundstück über eine öffentliche Straße anderweitig erschlossen sei, sodass ein Notwegerecht ebenfalls nicht bestehen dürfe.

Zur Entscheidung: Der BGH hob die Entscheidung der vorigen Instanz zugunsten der Beklagten auf und stellte klar, dass eine Überfahrtbaulast keine zivilrechtliche Duldungspflicht begründet, sondern lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde ist, aus der sich kein Nutzungsrecht zugunsten Dritter ableiten lässt. Es entsteht weder ein schuldrechtliches noch ein dingliches Wegerecht. Auch über den Grundsatz von Treu und Glauben (§242 BGB) lässt sich aus der Baulast keine privatrechtliche Duldungsverpflichtung abzuleiten. Denn die Einheit der Rechtsordnung gebietet es nicht, öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zivilrechtlich nachzubilden. Ein zivilrechtliches Wegerecht hätte entweder durch Eintragung einer Dienstbarkeit im Grundbuch oder im Rahmen eines Notwegerechts nach § 917 BGB begründet werden müssen. Letzteres dürfte vorliegend ausscheiden, da das Grundstück auch auf anderem Wege öffentlich erschlossen ist.

Instanzen:

LG Kleve, Entscheidung vom 25.01.2023 – 1 O 33/22

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.07.2024 – I-9 U 27/23

BGH-Karlsruhe, Entscheidung vom 27.06.2025 – V ZR 150/24

Dr. Jens Wengeler, Ihr Rechtsanwalt bei Fragen rund um das Wohnungseigentumsrecht, hilft Ihnen gerne weiter.

Stichwörter: Überfahrtbaulast, Wegerecht, Grunddienstbarkeit

Stichwörter: GdWE Wegerecht Wohnungseigentumsrecht